Beim Handwerksbetrieb kommt der Pleitegeier, zu großen Konzernen kommt der Bundesadler

Christian Lindner
Passauer Neue Presse

Die Air-Berlin-Tochter Niki ist pleite. Welchen Anteil hat das Krisenmanagement der Bundesregierung daran?

Lindner: Die Bundesregierung hätte diese Entwicklung voraussehen und verhindern müssen. Die Kanzlerin hatte bei der Gewährung des Übergangskredits von 150 Millionen Euro für Air Berlin ausgeschlossen, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf Dauer dafür in Anspruch genommen werden. Diese Zusage kann sie jetzt nicht mehr einhalten. Ein solcher Staatskredit war nicht akzeptabel. Jetzt tritt ein, wovor wir gewarnt hatten. Die Regierung sollte sich vor solchen staatlichen Eingriffen in die Marktwirtschaft wie bei Air Berlin hüten.

Was werfen Sie der Regierung konkret vor?

Lindner: Es muss jetzt aufgearbeitet werden, ob es hinter den Kulissen Absprachen zwischen der Lufthansa und einzelnen Konzernen auf dem Markt gegeben hat. Es heißt ja, die Bundesregierung wollte die Lufthansa als nationalen Champion stärken. Beim innerdeutschen Flugverkehr hat die Einschränkung des Wettbewerbs nicht die Qualität und das Angebot verbessert, sondern nur die Preise erhöht. Wir werden jetzt die parlamentarischen Möglichkeiten prüfen, um im Bundestag für Aufklärung zu sorgen. Die Bundesregierung wird zu ihrer Rolle im Fall Air Berlin und Niki Rede und Antwort stehen müssen.

Welche Rolle hat die Politik hier gespielt? Hier geht es um Millionen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Es geht auch um den Verlust von Arbeitsplätzen und den Wettbewerb im innerdeutschen Flugverkehr. War die Bundesregierung nur naiv oder fahrlässig?

Lindner: Das gilt es jetzt aufzuklären. Eigentlich hätte politische Lebenserfahrung zeigen müssen, dass staatliche Hilfe hier der falsche Weg ist. Von Philipp Holzmann bis Opel hätten diese Fälle lehren müssen, dass solche Staatskredite kein sinnvolles Instrument sind. Beim Handwerksbetrieb kommt der Pleitegeier, zu großen Konzernen kommt der Bundesadler. Es war sicher notwendig, die Urlauber und Passagiere von Air Berlin auch mit staatlicher Hilfe zurückzuholen. Ob der dauerhafte Weiterbetrieb notwendig war, ist zu bezweifeln. Aufgabe vernünftiger Wirtschaftspolitik müsste es sein, für fairen und lebendigen Wettbewerb zu sorgen. An diesem Ziel ist die Große Koalition unter Kanzlerin Merkel gescheitert. Interventionen zu Lasten des Wettbewerbes sind nicht im Interesse des Verbrauchers.