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Am 4. Oktober 2020 wurde in Dresden ein homosexuelles Paar von einem islamistischen Gefährder mit einem Messer angegriffen. Einer der beiden Männer starb an seinen Verletzungen, sein Lebenspartner überlebte schwer verletzt. Der Täter wählte offenbar gerade sie als Opfer aus, weil er sie als Paar erkannte. Die Sicherheitsbehörden haben das Attentat lange als „Touristenmord“ verklausuliert und die mutmaßlich homosexuellenfeindliche Motivlage verschwiegen. Auch Ihrerseits ist uns bisher leider keine öffentliche Äußerung zu diesem erschütternden Anschlag bekannt.

Dass Menschen in Deutschland Opfer terroristischer Angriffe werden können, weil sie ihre sexuelle Identität offen zeigen, erschüttert uns sehr. In einem freiheitlich-demokratischen Land darf niemand aufgrund seiner geschlechtlichen oder sexuellen Identität Angst vor gewaltsamen Übergriffen haben müssen. Der Mord in Dresden ist ein Anschlag auf die LSBTI-Community und unsere tolerante und freiheitliche Gesellschaft, die es jedem erlaubt zu leben, wie er möchte, und zu lieben, wen er möchte.

Wir trauern um Thomas L. Unsere aufrichtige Anteilnahme gilt seinem Lebenspartner und seinen Angehörigen. Sie verdienen nicht das Schweigen aus dem Bundeskanzleramt, sondern die volle Solidarität unserer freiheitlichen Gesellschaft und die höchste staatliche Anteilnahme.

Der französische Präsident Macron hat auf die brutale Ermordung des Geschichtslehrers Samuel Paty deutlich reagiert. Er hat den Angehörigen seine persönliche Anteilnahme bekundet und würdigte ihn als Gesicht der französischen Republik. Damit verdeutlichte er, dass der Angriff auf Samuel Paty ein Angriff auf die Werte ist, die die französische Gesellschaft tragen.

Wir sind in diesen schweren Stunden mit unseren französischen Freunden. Ein ähnliches Signal sollte anlässlich des mutmaßlich homosexuellenfeindlichen Attentats von Dresden nun auch von der Bundesregierung ausgehen. Wir appellieren daher an Sie, das Andenken des Verstorbenen mit einem öffentlichen Zeichen zu würdigen.

Der Angriff in Dresden reiht sich leider in eine traurige Folge zunehmender homo- und transfeindlicher Hasskriminalität in Deutschland ein. Diese feige und tödliche Attacke sollte ein Anlass sein, die Freiheit der sexuellen und geschlechtlichen Selbstbestimmung zu stärken und künftig besser zu schützen.

Sicherheitsbehörden und die Öffentlichkeit sollten besser sensibilisiert werden, homo- und transfeindliche Hasskriminalität frühzeitig zu erkennen und einzudämmen. Eine bundesweit einheitliche, separate Erfassung homo- und transfeindlicher Straftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik wäre ein erster Schritt. Um den Schutz der sexuellen Identität dauerhaft verfassungsrechtlich abzusichern, schlagen wir außerdem eine Ergänzung des Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz um das Merkmal der sexuellen Identität vor.

Bitte setzen Sie sich auch persönlich für diese Anliegen ein. Den Feinden der freien Gesellschaft und der Grundwerte unserer Verfassung sollten wir entschlossen und gemeinsam entgegentreten. Wir hoffen, Sie im Kampf gegen Homo- und Transfeindlichkeit an unserer Seite zu wissen.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lindner

Dr. Jens Brandenburg

Dr. h. c. Thomas Sattelberger