In diesen Tagen war zu lesen, Deutschland habe endlich den Kohleausstieg beschlossen. Wahr ist: Die Empfehlungen der Kohlekommission brauchen wir dafür nicht. Seit langem ist klar, dass wir aus der Kohleverstromung aussteigen werden. Die Klimaziele von Paris weisen den Weg. Einseitig hat Deutschland nun ein Paket voller Planwirtschaft beschlossen. Geradezu manisch wird ausschließlichder Energieträger Kohle in den Blick genommen.Statt durch Zielvorgaben eine indirekte Steuerung einzuleiten, verheddert die deutsche Politik sich in Detailsteuerung. Für jedes einzelne Kraftwerk folgen daraus langwierige Verhandlungen und Abschaltpläne. 

Einmal mehr wird unser verhängnisvoller Hang zum Klimanationalismus unter Beweis gestellt. Im Kern scheint das Ziel zu sein, Verzicht und Askese zu üben – auch wenn das unseren Wohlstand gefährdet. So sehr wir damit weltweites Vorbild spielen wollen: Die Menschen in Indien oder China wird dieser Weg nicht überzeugen. Und das entscheidende Ziel spielt kaum noch eine Rolle: Den CO2-Ausstoß schnell, effizient und kostengünstig zu reduzieren. Für jeden eingesetzten Euro müssten wir das Maximum an Klimaschutz erreichen. Stattdessen wird einhochsubventionierter Irrweg beschritten. 

Insbesondere das Verursacherprinzip wird ad absurdum geführt. Bis 2030 soll nur noch gut ein Drittel der deutschen Kohlekraftwerke Strom produzieren. Ein neues, emissionsärmeres Kraftwerk wie Datteln IV soll trotz Milliardeninvestitionen gar nicht erst ans Netz gehen. Geplant ist, dass die Allgemeinheit die Kraftwerksbetreiber für diese Eingriffe entschädigen soll. Kompensationen für Strompreissteigerungen, zusätzliche Subventionen für Gaskraftwerke, steigende Netz- und Systemkosten für den Erhalt der Versorgungssicherheit werden folgen. Schon ist von einem „Solidarpakt Kohle“ die Rede, der in den nächsten 20 Jahren mehr als 100 Milliarden Euro kosten dürfte. 

Würde man dem Verursacherprinzip folgen, dann dürften diese Kosten nicht der gesamten Gesellschaft aufgebürdet werden. Stattdessen müssten die ökologischen Effekte mit einem Preis belegt werden. Sobald die Schonung der Ressourcen wirtschaftliches Eigeninteresse ist, werden Menschen und Unternehmen die besten Wege suchen. Die Innovationskraft des Marktes wird in den Dienst des Klimaschutzes gestellt. 

Schon jetzt ist der bestehende Emissionshandel das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. Betreiber von Kraftwerken und Industrieanlagen müssen für jede Tonne CO2 eine Berechtigung in Form eines Zertifikats vorweisen. Die Zertifikate werden von den Mitgliedsstaaten versteigert und gemäß der Einsparziele europaweit begrenzt. Die Unternehmen können die Zertifikate auch untereinander handeln. Dieser Marktmechanismus stellt sicher, dass CO2 zuerst dort eingespart wird, wo es am kostengünstigsten gelingt - und nicht dort, wo es politisch gerade genehm ist. 

Der Bericht der Kohlekommission erwähnt den Emissionshandel zwar. Reichlich versteckt heißt es in einer Fußnote auf Seite 75 des 336 langen Dokuments, dass bereits heute der Kauf und die anschließende Löschung von Zertifikaten möglich sind. Aber warum wird dieser Ansatz nicht ins Zentrum gestellt? Möchte die Bundesregierung den CO2-Ausstoß zusätzlich reduzieren, könnte sie ganz einfach Zertifikate im entsprechenden Umfang kaufen und stilllegen. Subventionen, Entschädigungen und Technologieverbote wären gar nicht nötig. 

Der nun gewählte Weg ist sogar doppelt teuer: Zuerst sollen deutsche Kraftwerke gegen Entschädigung abgeschaltet werden. Dann sollen nachträglich Zertifikate im Umfang der daraus resultierenden Emissionsminderung aus dem nationalen Versteigerungsbudget gelöscht werden. Andernfallsverlagert man die Emissionen einfach in andere EU-Staaten. Warum dann nicht gleich den Weg über den Emissionshandel gehen, ohne teure Abkommen mit den Energiekonzernen?

Die Bundesregierung verspielt eine große Chance. Nach den milliardenschweren Exzessen bei der Förderung der Erneuerbaren Energien böte die Stärkung des Emissionshandels eine Rückkehr zu mehr Marktwirtschaft und weniger Ideologie in derKlimapolitik. Dazu zählt auch, sich nicht einseitig auf die Kohle zu stürzen, während im Gebäude- und Verkehrsbereich wenig Fortschritte erzielt werden.

Zunächst wurde die Kernenergie schneller als geplant abgeschaltet. Dann richtete sich der Blick auf das Ende für die Kohle. Um die Energiesicherheit zu garantieren, werden im kommenden Jahrzehnt Gaskraftwerke gebaut werden müssen. Ich prophezeie: Im Jahr 2030 wird dieses Spiel dann mit dem Energieträger Gas wiederholt werden. Wieder wird es um einen teuren und symbolhaften Ausstieg gehen. Milliarde um Milliarde an Wertschöpfung wird so vernichtet, sollte Deutschland weiter den Weg der Planwirtschaft gehen.